Sonntag, 11. November 2007

Neonaziaufmarsch in Prag verhindert

Prag - Mehrere Gruppen von Neonazis versuchten, sich ihrem geplanten Versammlungsort zu nähern, wurden aber an Polizeiabsperrungen vor der Altstadt aufgehalten. Über 1500 Polizisten waren mit gepanzerten Fahrzeugen, Wasserwerfern und zu Pferde im Einsatz, der Ort wurde von Hubschraubern überflogen. Sie beschlagnahmten etliche Waffen, darunter auch Äxte und Gaspistolen.

Im Stadtzentrum kam es zu Krawallen zwischen den etwa 400 Skinheads und Anarchisten. Bis zum Abend nahm die Polizei über 250 Personen fest, darunter auch zehn Deutsch sprechende Linke, die mit Stöcken bewaffnet waren. Es gab mindestens sechs Verletzte, darunter einen Polizisten.

Auch drei aus Deutschland kommende Busse mit Neonazis wurden von Polizeifahrzeugen verfolgt, um sicherzustellen, dass sie sich nicht dem Ort der untersagten Demonstration nähern.

Der von der Bewegung junger Nationaldemokraten angemeldete Marsch, der sich offiziell gegen die tschechische Militärpräsenz im Irak richten sollte, war von den Behörden im Vorfeld für illegal erklärt worden. Die Rechtsextremen hatten den Jahrestag der auch als "Reichskristallnacht" bekannten Novemberpogrome 1938 für ihren Aufmarsch gewählt: In der Nacht vom 9. zum 10. hatten die Nationalsozialisten in Deutschland und Teilen Österreichs jüdische Geschäfte, Häuser und Synagogen zerstört. Mindestens 100 Menschen wurden in jener Nacht getötet.

Die Gruppe hatte beantragt, durch den von jüdischer Geschichte geprägten Prager Stadtteil Josefsstadt zu ziehen. Dies wurde behördlich und gerichtlich verboten. Dennoch riefen die Rechtsextremen vor allem über das Internet dazu auf, das Verbot zu ignorieren.

Mehr als tausend Bürger versammelten sich in der tschechischen Hauptstadt, um die rechtsextreme Demonstration im jüdischen Viertel zu verhindern. Viele Gegendemonstranten hefteten sich einen gelben Stern an, den die Juden in der Nazi-Zeit zu tragen gezwungen wurden. Mit Schildern mit der Aufschrift "Nie wieder" versammelten sie sich vor der Prager Synagoge und dem Museum zur Erinnerung an die 77.000 jüdischen Opfer der Nazis in der ehemaligen Tschechoslowakei.

Auch führende Politiker beteiligten sich an Gegenkundgebungen vor Ort. Prags Bürgermeister Pavel Bem bezeichnete den rechtsextremen Aufmarsch als "nicht akzeptabel". Er forderte eine "Kultivierung der nationalen Erinnerung, damit das Vergangene sich nicht wiederholt". Auch der tschechische Präsident Vaclav Klaus und Außenminister Karel Schwarzenberg beteiligten sich an den Gegenprotesten.

Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,516687,00.html

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